Was ist wirklich wichtig?
Es gibt eine unangenehme Wahrheit, die jeder kennt.
Ganz versteckt, still und leise kauert sie im hintersten Winkel unseres geschäftigen Lebens. Nur manchmal, in den seltenen Zeiten innerer Stille klopft sie wie ein ungebetener Gast auch an deine Tür.
Sie lautet:
Wir haben nicht ewig Zeit!
Ich bin krank bin. Sehr krank. Du weißt schon - das böse K - Wort. Im Moment schläft das Ungeheuer, aber es kann jederzeit gestärkt zu neuem Leben erwachen.
Mein Körper ist nicht so gesund, wie ich immer dachte. Mein Leben wird vielleicht nicht so lang werden, wie ich immer dachte. Überhaupt ist nichts mehr, wie ich es mir so schön erdachte.
Das ist ein Schock.
Ich war eine zeitlang sehr bemüht, das Richtige zu tun. Das volle Programm: Positive Affirmationen, gesundes Essen, Sport, Nahrungsergänzungsmittel etc. Wenn ich nur das Richtige tun würde - ziemlich viel von all dem Richtigen - mich nur ausreichend bemühen würde - dann würde das Ungeheuer doch sicher für immer verschwinden.
Ich las viele Heilungsgeschichten und dann auch Geschichten, die nicht so gut ausgegangen sind - oft, obwohl die Menschen das Richtige getan haben.
Dann kam der Punkt, an dem ich verstanden habe, dass es keine Garantie gibt - für gar nichts.
Das Leben ist mir nichts schuldig. Dinge passieren einfach. Weder bestraft mich das Leben, noch belohnt es mich. Manchmal gibt es einfach keine Erklärung, keinen Grund. Auch wenn sicher alles einen Sinn hat, sind die Gesetze des Tao für uns Menschen nicht immer verständlich.
Nach dieser Erkenntnis fiel ich in das tiefe schwarze Loch. Immer wieder bin ich in den nächsten Wochen hinein gefallen und wieder heraus gekrochen.
Ich bin jemand, der gern die Kontrolle hat - Dinge plant. Die Kontrolle habe ich nun verloren - niemals gehabt, wie ich nun weiß. Ich ertappe mich bei dem Gedanken - Achtung, Tränenalarm!! - dass sich Pläne für mich nicht mehr lohnen. Weil ich ja nicht weiß, wie lange ich noch lebe.
Ich habe nichtmal so eine verdammte Bucket list. Und auch wenn ich wüsste, dass ich in einem Monat sterben würde, hätte ich keinen bestimmten letzten Wunsch.
Mir gefällt mein langweiliges Leben im Großen und Ganzen. Obwohl ich gut mit Menschen kann, bin ich eine Einzelgängerin. Ich liebe die Stille - das vor mich hin Träumen. Ich liebe gutes Essen, das Malen, Zeit in der Natur und Gespräche und Lachen mit meinem Liebsten.
Ich entdecke gern das Besondere im Gewöhnlichen. Als ich einmal eine ganze zeitlang auf ein winziges Stück Rasen gestarrt habe, war dort auf einmal ein ganzes Universum: Ameisen, Käfer, Gräser, Erde. Alles hatte seinen Platz und sein Tun. Es war perfekt, obwohl es auf den ersten Blick eben nur wie ein beliebiges Stück Wiese aussah.
So ist es auch mit unserem Leben. Es ist im Grunde ganz gewöhnlich - aber darin verstecken sich die kleinen besonderen Dinge. Diese kleinen Dinge sind leicht zu übersehen. Dann denken wir, das Leben oder andere Menschen sind uns etwas schuldig. Doch wir selbst haben das Magische aus unserem geschäftigen, lauten Leben verbannt.
Die Wahrheit ist: Jeder kann jeden Moment sterben - oder schwer krank werden. Doch das passiert immer nur den anderen, niemals uns selbst. Bis es uns dann selbst passiert.
Stirb, bevor du stirbst.
Zu oft habe ich mich über Kleinigkeiten geärgert, Zeit vertrödelt, Projekte aufgeschoben und zugeschaut, wie andere Menschen tolle Dinge machen, statt selber meine eigenen tollen Dinge zu machen.
Das darf nun anders werden. Dazu sind schwarze Löcher schließlich gut. Und deshalb gibt es nun auch endlich diese Seite.
Wie steht’s mit dir? Gibst du dir endlich Zeit und Raum für das, was dir wirklich wichtig ist?
Herzlichst,
Deine Bettina